Bevor ich Euch mehr verrate, nehmt Euch noch schnell ein Blatt Papier und einen Stift Eurer Wahl und schreibt einen Satz. Es kommt nicht auf den Inhalt an. Was wir wollen, ist eine “vorher” Schriftprobe. Damit könnt Ihr schauen, wo Ihr jetzt steht und überprüfen, wie sich Eure Schrift verändert, wenn Ihr die kommenden Tipps umsetzt. Wenn Ihr noch nach einem Text sucht: Ihr könnt die erste Zeile von euerm Lieblingslied oder (wenn euch gerade die Inspiration fehlt) einen dieser Beispielsätze nehmen:
Geschafft? Sehr gut. Dann lehnt Euch kurz zurück, holt Euch von mir ein paar Ideen ab und versuche es im Anschluss gleich noch einmal. Ich garantiere Euch: Ihr werdet staunen, wie schnell Ihr Fortschritte macht.
Bevor wir uns den Buchstaben selbst widmen, zuerst ein paar allgemeine Hinweise, die Euch die Arbeit erleichtern und in Rekordtempo für ein schöneres Schriftbild sorgen:
Für das Schreiben am Flipchart empfehlen praktisch alle Bücher und 99% der Trainer:innen Stifte mit Keilspitzen. Warum? Es ist mir bis heute ein Rätsel. Denn Keilspitzen machen das Schreiben (gerade für Anfänger) sehr mühsam und man vergeudet unnötig Zeit und Nerven. So macht das weder Spaß noch ein gutes Bild. Wozu sich quälen? Greift in Zukunft statt zu einer Keilspitze zu einer Rundspitze und Ihr werdet sehen, wie viel leichter es euch fallen wird gleichmäßige Linien zu ziehen.
Mein persönlicher Favorit für das Flipchart ist der neuland No. One Outliner mit Rundspitze zum Schreiben und der neuland FineOne mit Rundspitze für Details und zum Zeichnen. Leider bekomme ich keine Prozente für die Empfehlung, aber falls wer von Neuland mitliest: meldet Euch gerne :)
Und wenn wir schon dabei sind: sortiert eure bunten Stifte aus. Oder legt sie zumindest außer Reichweite wenn Ihr beim Schreiben seid. Nutzt zum Schreiben immer einen schwarzen Stift. Ja, IMMER. Das spart euch Zeit (Ihr müsst nicht überlegen, welchen Stift Ihr zur Hand nehmt) und Eure Texte haben den maximalen Kontrast zum Papier, was bedeutet, dass sie besonders gut lesbar sind.
Ich kenne kaum wen, der auf einem weißen Blatt perfekte gerade Linien hinbekommt. Muss man aber auch nicht. Nutzt einfach, wie früher in der Schule (zu meiner Zeit zumindest), einen Linienspiegel. Manche Flipchart-Blöcke kommen bereits mit einem karierten oder linierten Muster. Das ist super hilfreich, schaut aber nachher im Fotoprotokoll nicht besonders schön aus. Dreht das Blatt daher, bevor Ihr zu schreiben beginnt um. So könnt Ihr, wenn ihr beim Schreiben nahe am Papier steht, nach wie vor die Hilfslinien sehen. Gleichzeitig habt Ihr aber am Ende, wenn ihr das Flipchart fotografiert, einen gleichmäßig weißen Hintergrund ohne störende Linien oder Logos von Papierherstellern.
Ist euer Flipchart-Papier nicht liniert oder kariert? Kein Problem. Ihr könnt euch im Handumdrehen einen eigenen Linienspiegel basteln: Nehmt dazu ein leeres Blatt und faltet den unteren Rand nach oben nun könnt ihr die Papierkante nutzen, um eine gerade Linie zu ziehen.
Rutscht mit dem Blatt jeweils um eine Zeile nach unten um den Linienspiegel zu finalisieren. Den fertigen Linienspiegeln könnt Ihr nun unter das Blatt auf dem Ihr schreiben wollt legen. E voila. Gerade Zeilen sind plötzlich ganz leicht.
Viele neigen dazu klein und oben links im Eck zu schreiben. Das ist platzsparend, aber schaut am fertigen Flipchart meistens nicht so schön aus. Überlegt Euch daher bevor Ihr zu schreiben beginnt, wie viel Text auf das Blatt kommen soll und positioniert Eure Wörter dann entsprechend.
Durch eine Überschrift könnt Ihr zusätzlich Struktur schaffen. Gestaltet diese am besten immer etwas größer als den Fließtext oder die Aufzählung darunter.
Besonders schön wirken Schriften, wenn Sie nicht nur sinnvoll platziert, sondern auch durch Banner und Boxen hervorgehoben werden. Da dies schwierig aus dem Stand zu bewerkstelligen ist, nutzt man dafür am besten vorgefertigte Raster. In meinem nächsten E-Mail Newsletter bekommt Ihr einen Link wo Ihr diese gratis runterladen könnt. Wenn Ihr noch nicht angemeldet seid: hier lang.
So, nun geht es ans Eingemachte. Betrachtet mal euren Text von vorhin etwas genauer. Was fällt euch auf? Welche Stellen sind leichter zu lesen und welche schwieriger? Was wirkt ordentlich und wo machen die Buchstaben einen nicht ganz so sauberen Eindruck? Bei den Seminaren, die ich halte, beobachte ich Folgendes sehr häufig:
Schreibschrift kann ein sehr schönes Element für die Gestaltung von Flipcharts sein. Oft sind Texte aber leichter zu lesen, wenn sie in Blockbuchstaben geschrieben werden.
Je größer die Buchstaben, desto leichter sind sie lesbar. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass sich die Zeilenhöhe vergrößern muss. Wenn Eure Kleinbuchstaben nur halb so groß sind wie eure Großbuchstaben, versucht euren Text nochmals zu schreiben und den Kleinbuchstaben dabei mehr Raum zu geben. Sie können ruhig 2/3 oder 3/4 so groß sein wie die Großbuchstaben.
Viele neigen dazu unnötig oft abzusetzen. Probiert mal aus Linien dort, wo es möglich ist, durchzuziehen. Also ohne abzusetzen zu schreiben. Buchstaben, wo das besonders gut zu beobachten ist sind die Großbuchstaben A, E, F, M, N, V und W.
Bei Kleinbuchstaben gibt es einige, bei denen ein Kreis auf eine Linie trifft: d, b, p, q. Versucht die Buchstaben nicht aus einem I und einem O sondern aus einem I und einem C zusammenzusetzen. So vermeidet Ihr die Überschneidung und die Buchstaben wirken sofort aufgeräumter.
Eine weitere Buchstabengruppe, bei der es oft Verbesserungspotential gibt, sind die Kleinbuchstaben h, m, n, r und u. Hier werden Teile der Buchstaben gerne doppelt gezogen. Wenn Ihr stattdessen bewusst absetzt, könnt Ihr für wesentlich klareres Schriftbild sorgen.
Jetzt heißt es ran an den Stift. Schreibt den Text, den Ihr zu Anfang geschrieben habt, noch ein zweites Mal und beachtet dabei die von mir genannten Tipps. Schaut doch gleich ganz anders aus, oder?
Berichtet mir gerne von euren Schrift-Experimenten und meldet Euch, wenn Ihr Fragen oder Wünsche zu weiteren Inputs zum Thema Schrift habt.