Ohne jegliche Vorbereitung und während man mit der Gruppe interagiert eine gute Idee sowie die Zeit zu haben diese (auf Anhieb!) perfekt umzusetzen, ist eine sehr hohe Erwartungshaltung. Zum Glück muss gute Flipchart-Gestaltung nicht spontan sein. Mit ein wenig Vorbereitung und den richtigen Techniken gelingen Visualisierungen nämlich auch nicht-zeichnen-Könner:innen mühelos.
Sagt zusammen mit mir „Lebewohl!“ zu vor Nervosität zitternden Stiften und Fotoprotokollen, unter die Ihr Eure Namen lieber nicht setzen wollt.
Für mich bedeutet spontan zu zeichnen etwas ohne groß nachzudenken und ohne Vorbereitung aufs Papier zu bringen. Das ist ein tolles Skill mit dem man Seminarteilnehmer:innen ebenso wie Verwandte (besonders die Jüngeren) und Menschen, die im Flugzeug neben einem sitzen beeindrucken kann. Aber es ist überhaupt nicht notwendig, um Gruppenprozesse und Inhalte von Seminaren oder Workshops festzuhalten.
Auch wenn es weit weniger aufregend klingt: Vorbereitung ist, worauf es ankommt. Und die muss weder lange dauern, noch mühsam sein.
Wer gut vorbereitet ist, kann auf der Bühne scheinbar "spontan" Bilder auf das Flipchart zaubern. In Wirklichkeit sind die Bilder aber nicht in der Sekunde entstanden sondern Teil einer persönlichen "Bibliothek" aus der man jederzeit schöpfen kann.
Das klingt abstrakt? Ich mache es konkreter und verrate euch, warum Ihr euch vom Eichhörnchen etwas abschauen könnt.
Ihr kennt die Geschichte vom Eichhörnchen, das Nüsse sammelt und sie für später aufbewahrt? Genau das wollen wir auch machen. Nur nicht mit Nüssen. Sammelt gute Flipchart Beispiele. Immer wenn Euch ein besonders gutes Flipchart gelingt oder wenn Ihr irgendwo eine Visualisierung findet, die Euch gefällt, macht ein Foto davon. Und überlegt Euch ein Ablagesystem, mit dem Ihr diese Fotos wiederfindet. Das kann ein digitaler Ordner sein oder ein Notizbuch in dem Ihr Eure Favoriten sammelt.
Bevor Ihr ein Seminar, einen Workshop oder eine Präsentation haltet, geht Ihr die Beispiele dann durch und schaut, was für den konkreten Anwendungsfall gut passt. Wer seine Referenzen auch noch gruppiert (zum Beispiel nach den Seminar-Phasen: Ankommen, Einstieg, Theorie, Interaktion, Abschluss) tut sich bei der Suche besonders leicht.
Ich habe in meinen Seminaren immer ein Notizbuch dabei, wo ich Beispiele skizziert habe, die ich gut finde und kann mir darin bei Bedarf zwischendurch oder in den Pausen Inspiration holen.
Tipp: Wer keine Zeit oder Lust hat sich die Beispiele über Versuch, Irrtum und Suchen zusammenzustellen, kann auch auf ein professionell erstelltes Set von Flipchart Vorlagen für Workshops zurückgreifen.
Idealerweise könnt Ihr Eure Sammlung an Flipchart-Vorlagen nicht nur einmalig sondern immer wieder einsetzen. Und im besten Fall kommen sie nicht nur Euch selbst, sondern auch Kolleg:innen, die ähnliche oder gleiche Themen vortragen zugute (indem Ihr zum Beispiel einen gemeinsamen digitalen Ordner mit Flipchart Vorlagen teilt).
Ihr könnt Eure Sammlung auf mehrere Arten nutzen:
Ihr könnt die einmal gesammelten Ideen (wenn sie schnell und einfach zu reproduzieren sind) live nachzeichnen und sie so jederzeit bei Bedarf “aus dem Ärmel schütteln”.
Gelungene Flipcharts könnt Ihr als Vorlage zum Abpausen nutzen. Wenn Ihr das Original noch habt, legt einfach ein leeres Blatt darüber und paust die Linien nach. Das geht schneller als wenn man bei Null anfängt, denn Ihr müsst euch weniger Gedanken über Proportionen machen.
Tipp: Diese Technik ist ideal, wenn Ihr Flipcharts vor dem Seminar vorbereitet, um sie dann mit euren Teilnehmer:innen gemeinsam zu vervollständigen.
Wenn Ihr Eure Vorlagen digital zeichnet (oder von jemandem für euch zeichnen lasst), könnt Ihr diese ausdrucken. Die Ausdrucke kann man direkt beschriften, wie eben beschrieben zum Abpausen nutzen oder mit Kärtchen ergänzen (dazu kommen wir gleich).
Tipp: Diese Technik ist besonders für sehr große Gruppen geeignet, wenn Ihr das gleiche Flipchart für mehrere Arbeitsgruppen benötigt. So bekommen alle die gleiche Vorlage und Ihr spart viel Zeit und Nerven.
Da das gleichzeitige Vortragen und Mitzeichnen schwierig ist, lagern manche Trainer:innen das Visualisieren aus. Das kann ein:e professionelle:r Graphic Recorder:in sein, ein:e Kolleg:in oder auch eine:r der Teilnehmer:innen.
Teilnehmer:innen mit dem Mitschreiben zu beauftragen klingt vielleicht etwas gewagt, ist aber sehr machbar, wenn das Grundraster bereits in Form einer Vorlage erstellt wurde und nur mehr Text ergänzt werden muss (zum Beispiel bei einem Brainstorming).
Ein Flipchart ist kein Plakat. Die Stärke des Flipcharts ist die Interaktion mit den Teilnehmer:innen. Die Inhalte werden live festgehalten. Selbst wenn das Thema genau das gleiche ist, werden die Flpcharts von Seminar zu Seminar variieren. Und das ist gut so!
Gestaltet keine “toten” Schaubilder, die Ihr dem Publikum wie eine PowerPoint Folie präsentiert. Lasst das Flipchart Teil des Prozesses sein. Gestaltet mit Vorlagen Rahmen, die Ihr zusammen mit der Gruppe füllen, erweitern und verändern könnt.
Ich höre die ersten leisen Stimmen murmeln: “Ist das Erstellen von Vorlagen, die in jedem Workshop neu befüllt und verändet werden nicht sehr zeitintensiv? Schließlich muss ich das ja dann jedes Mal aufs Neue vorbereiten…”.
Nö, ist es nicht und nein, müsst Ihr nicht.
Wenn man sich mit einem Flipchart besonders bemüht oder in den Druck einer Vorlage investiert hat, möchte man das Flipchart wahrscheinlich nicht gleich nach dem ersten Workshop wegschmeißen.
Folgende Tricks ermöglichen es Vorlagen öfter einzusetzen:
Lasst mich wissen wenn ihr zu dem Thema noch Fagen habt oder wie es euch mit dem Thema Flipchart Vorlagen in der Praxis geht. Ich wollte mich diese Woche mal etwas kürzer halten - ist mir eh nicht so ganz gelungen :) - kann aber gerne noch Ergänzen, wenn Interesse besteht.